Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier hat die Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Rheinland-Pfalz e.V. gegen eine dem beigeladenen Zweckverband Flugplatz Bitburg durch das beklagte Land erteilte naturschutzrechtliche Befreiung abgewiesen.
Der Beigeladene beabsichtigt, durch Aufstellung eines Bebauungsplans die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben auf den ehemals militärisch genutzten Flächen des Flugplatzgeländes in Bitburg zu schaffen und hierdurch langfristig bis zu 2.500 Arbeitsplätze zu gewinnen. Ziel der Planung ist insbesondere, die Errichtung eines zentralen kontinentaleuropäischen Distributionszentrums eines international bedeutenden Unternehmens der Logistik- und Sportartikelbranche zu ermöglichen. Da in einem Umfang von 38,6 Hektar magere Flachland-Mähwiesen von der Überplanung betroffen sind, die dem gesetzlichen Biotopschutz unterliegen und damit eine Zerstörung oder sonstige erhebliche Beeinträchtigungen dieser verboten sind, beantragte der Beigeladene im Jahr 2022 bei der Oberen Naturschutzbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, die Erteilung einer Befreiung von diesem Verbot. Dem kam der Beklagte nach, erteilte dem Zweckverband die beantragte Befreiung und setzte als Ausgleich sowie Ersatz für die Beseitigung des gesetzlich geschützten Grünlandes die Errichtung von insgesamt 63 Hektar Ausgleichsflächen fest.
Hiergegen hat der Kläger nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren Klage erhoben, mit der er im Wege der Verbandsklage die Aufhebung der erteilten Befreiung begehrt. Es fehle insbesondere an einem atypischen Sonderfall, der Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Befreiung sei.
Die Richter der 9. Kammer haben die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei unbegründet. Die erteilte Befreiung sei rechtmäßig. Der hierfür erforderliche atypische Fall liege vor. Die Atypik des angestrebten Vorhabens ergebe sich aus den spezifischen Anforderungen der geplanten Bebauung sowie der Beschaffenheit des ehemaligen Flugplatzgeländes. Dabei sei ohne Weiteres ersichtlich, dass der Bau eines etwa 9,5 Hektar großen Distributionszentrums mit den dazugehörigen Flächen und Anlagen einer besonders großen Fläche bedürfe, welche die einzelnen Gemeinden zur Verfügung stehenden Flächen zur Entwicklung von Gewerbeflächen typischerweise übersteigen dürfte. Weiterhin beinhalte das überplante Gebiet nicht ausschließlich geschützte Biotopflächen oder anderweitig unberührte Naturflächen, sondern sei zu etwa 21 v.H. bereits erheblich anthropogen geprägt sowie durch Flugplatzflächen, Wege und Straßen versiegelt und befestigt. Zudem sei aufgrund der potenziell gesundheitsschädlichen Belastung der betroffenen Böden mit per- und polyfluorierten Chemikalien – PFC – das Naturschutzinteresse des Bundesgesetzgebers an diesen Flächen als nur eingeschränkt gegeben zu beurteilen.
Der Beklagte habe darüber hinaus zutreffend angenommen, dass die Erteilung der Befreiung für das geplante Vorhaben notwendig sei und die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Interessen das naturschutzrechtliche Interesse an der Erhaltung der Biotopflächen überwiege. Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur handele es sich um für das Vorhaben sprechende öffentliche Belange, die bei einer Abweichungsentscheidung berücksichtigungsfähig seien. Darüber hinaus bestehe auch ein öffentliches Interesse daran, eine ehemalige Militärfläche einer zivilen Nachnutzung zuzuführen, wenn diese – wie hier – ein wichtiger Faktor zur wirtschaftlichen Stärkung eines strukturschwachen Raumes sein könne. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Erteilung der Befreiung als erforderlich angesehen habe, denn für die angestrebte Bebauung stünden ausweislich des Beklagtenvortrages keine alternativen Standorte in der erforderlichen Größe zur Verfügung. Auch wirke sich der Verlust der Grünlandflächen nach der zutreffenden Begründung des Beklagten nicht negativ auf die Funktionsfähigkeit und Weiterentwicklung des landesweiten und regionalen Biotopsverbundes aus. Darüber hinaus seien die betroffenen Flächen mit PFC belastet, wodurch sich unabhängig von der beantragten Befreiung die Notwendigkeit der Sanierung ergeben hätte. Schließlich würden durch die erteilte Befreiung auch Kompensationsflächen in einem Umfang von 63 Hektar festgesetzt, welche die Vernichtung des betroffenen Biotops im Umfang von 38,6 Hektar kompensieren sollten. Dass die angeordnete Art der Schaffung von Kompensationsflächen nicht geeignet sei, einen für die Zwecke des Naturschutzes adäquaten Ersatz für die von der Zerstörung betroffenen Biotopflächen zu schaffen, sei nicht anzunehmen.
Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.
VG Trier, Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2024 – 9 K 2400/23.TR –